Die Bergkirche - ein Kleinod am Kaiserstuhl
Die evangelische Bergkirche steht außerhalb der Ortschaft in südlicher Richtung auf dem Nimberg. Die heutige Kirche aus dem Jahre 1517 ist bereits die dritte Kirche und steht vermutlich auf dem Platz einer Kapelle aus dem 10. Jahrhundert. Den Bau der Kirche hatte der Präzeptor Johann Bertonelli im Auftrag des Abtes von Saint Antoine beauftragt. Das Patrozinium der Kirche war Johannes der Täufer. Die ursprüngliche Kirche zeigte in Richtung Osten. Der Neubau aus dem Jahre 1517 der Antoniter hingegen zeigt in Richtung Süden. Sie war Bestandteil des Antoniter-Klosters, das im 19. Jahrhundert endgültig abgebrochen wurde.
Hinweistafeln an der Kirche zeigen die Lage und Ausdehnung des ehemaligen Klosters.
Bei Grabungen und Renovierungen wurden immer wieder römische Scherben gefunden. Ein klarer Hinweis, dass schon zu Römerzeiten eine Siedlung -vielleicht auch eine Kirche- an dieser Stelle gestanden hat. Man vermutet jedenfalls, dass die Kirche wesentlich älter ist, als in den historischen Quellen nachgewiesen werden konnte.ie Kirche wurde um die Jahrtausendwende erstmalig die Kirche (basilica unam) in Nimburg (loco Niwnburch) erwähnt. Die Erwähnung mit der Jahreszahl 977 erfolgte allerdings in einer Urkunde, die als Fälschung anzusehen ist. Dennoch kann aufgrund der Personen und örtlichen Beschreibungen davon ausgegangen werden, dass die Kirche zu dieser Zeit existierte.
Im Jahre 1318 muss eine größere Reparatur oder gar ein Neubau der Kirche (Kirche II) erfolgt sein. Die Gebäude waren durch Feuer und Alterserscheinung so stark ruiniert, dass sie nicht ohne großen Aufwand wieder hergestellt werden konnten. In diesem Jahr wurde auch das Johannes- Patrozinium erstmalig erwähnt (Eclesisia parochialis Johanis baptiste in Nümburg).
Im Jahr 1456 trat Anton Lyasse – der Präzeptor des Freiburger Antoniterhauses – an den Markgrafen heran. Er beabsichtige „auf der hostatt, da die Pfarrkirch.. zuo Nümberg gelegen ist“, ein Kloster zu errichten. Markgraf Karl I von Baden kam dieser bitte nach und schenkte die Pfarrei Nimburg dem Antoniterorden. Die Bergkirche war zu dieser Zeit „geostet“, d.h. sie zeigt von Ost nach West, wie es bei den meisten christlichen Kirchen üblich ist.
Die Patronats-Rechte waren schon seit 1415 beim Markgrafen Karl I und so konnte er über die Nimburger Kirche verfügen, obwohl er die Ortsherrschaft erst 1465 von Gräfin Anna von Tübingen erwarb.
Innerhalb von nur 4 Jahren sollte ein Klostergebäude und ein Hospital für Kranke gebaut werden. Die Antoniter behandelten den Ergotismus, der damals als Antoniusfeuer bekannt war.
Der religiöse Aspekt war lange Zeit der wichtigste Teil der Therapie. Die Kranken in den Antoniusspitälern mussten mehrmals täglich vor dem Altarbild des heiligen Antonius beten. Die Kranken sollten in dem Betrachten dieser Heiligenbilder wenn nicht Heilung, so doch Trost und Stärkung finden. Diese Meditation konnte die Krankheit zwar nicht aufhalten, war aber eine wirksame Methode zur Bewältigung.
In den Spitälern wurden aber auch die notwendigen und häufig vorkommenden Amputationen durchgeführt.
Aus heutiger Sicht war die Umstellung der Ernährung für die Therapie entscheidend. Die Insassen der Antoniusspitäler erhielten von dem finanziell gut gestellten Orden nicht nur das sogenannte Antoniusbrot, sondern auch Schweinefleisch. Ein besonderes Privileg des Ordens war nämlich, Schweine zu halten, die frei in der Ortschaft umherlaufen durften und sich auf diese Weise kostenfrei ernährten. Das Antoniter-Schwein wurde so neben dem an einen Krückstock erinnernden Tau-Kreuz zum Symbol für den heiligen Antonius. Das Antoniusbrot wurde in der Regel aus Weizenmehl gebacken. Weizenmehl war damals viel seltener mit Mutterkorn verunreinigt war als das Roggenmehl. Das mutterkornfreie Mehl und die insgesamt höherwertige Ernährung mit Schweinefleisch in den Spitälern des Antoniterordens waren der unerkannte Grund für die immer wieder beobachteten überraschenden und wundersamen Heilungen der Kranken.
Eine besondere Wirkung kommt auch dem verabreichten Antoniuswein zu: Dem Wein wurden Heilkräuter beigemischt. Heute kann man diese Heilkräuter ihrer Wirkung nach in drei Gruppen einteilen:
- in harntreibende und abführende, die für rasche Entgiftung sorgten;
- dann solche mit gefäßerweiternder Wirkung, die den Symptomen der Erkrankung durch Gefäßverengung entgegenwirken sollten.
- Schließlich betäubende und schmerzstillende Substanzen.
Der Wein wurde über die Kräuter in ein Gefäß gegossen, doch das Wichtigste fehlte noch: Um seine Wirkkraft zu erhalten, musste der Wein mit einem Armknochen vom Skelett der Antoniusgebeine in Berührung kommen.
Weiterhin hatten die Antoniter ein Rezept für eine Antonius-Salbe, die nur wirksam war, wen ein Antoniter sie auftrug – wohl eine frühe Form des Copyrights.
Ergotismus
trat im Mittelalter als Folge des Verzehrs von Getreide, insbesondere von Roggen und daraus hergestelltem Mehl auf, welches mit Mutterkorn verunreinigt war.
Eine Vergiftung mit Ergotamin kann zu einer massiven Verengung der Blutgefäße führen und in der Folge zu einer Durchblutungsstörung von Herzmuskel, Nieren und Gliedmaßen. Es bestehen in der Regel Allgemeinsymptome wie Erbrechen, Verwirrtheit, Wahnvorstellungen, Kopfschmerzen, Ohrensausen und Durchfall. Akute Vergiftungen können durch Atem- oder Herzstillstand zum Tod führen, chronische Vergiftungen zum Verlust der mangelhaft durchbluteten Gliedmaßen, Sekundärinfektionen und zu einer darauf folgenden Sepsis.
Eine häufige Folge ist das schmerzhafte Absterben von Fingern und Zehen (Gangrän und Nekrosen bei Ergotismus gangraenosus), dem „Mutterkornbrand“. Die Kranken glaubten innerlich zu verbrennen, daher war die Krankheit zu der Zeit als Antoniusfeuer bekannt. Der Name erinnert an die dämonischen Qualen des heiligen Antonius, eines christlichen Eremits aus dem 4. Jh.
Im Jahre 1597 wurde an der Medizinischen Fakultät der Philipps-Universität Marburg entdeckt, dass das Antoniusfeuer durch mit Mutterkornpilz befallenes Getreide verursacht wird. Danach sank die Anzahl der Erkrankungen deutlich. Zu dieser Zeit hatten die Mönche das Kloster Nimburg aber bereits verlassen.
Am „Antoniusfeuer“ Erkrankter. Holzschnitt aus Hans von Gersdorffs »Feldtbuoch der Wundtartzney«, Straßburg 1517
Die von den Antonitern übernommene Kirche musste nach einer Restaurierung aufgrund statischer Probleme aufgegeben werden. Aus diesem Grund wurde 1517 die Kirche erneuert und die neue Kirche wurde mit der Spitze gegen den Hang gestellt. Dies erklärt vermutlich auch, warum die Kirche gesüdet ist, während christliche Kirchen normalerweise „geostet “ sind, dh. in Ost-West-Richtung gebaut sind. Die Kräfte des Bergs waren für die quer zum Hang liegenden Kirchenmauern einfach zu stark, der Druck hatte die Wände erheblich beschädigt. Mit dem Umbau konnte die Kirche auch mehr den Bedürfnissen der Mönche angepasst werden: so war der Kirchenraum durch einen Lettner geteilt und es gab einen eigenen Zugang zum Chor für die Mönche (Bottinger Pforte). Es wurden Teile der ursprünglichen romanischen Kirche übernommen, und so wurde aus dem Chorraum die heutige Sakristei. Die Teilung des Kirchenraums durch den Lettner ist heute noch an den Auflagen und an den Fresken zu erkennen.
Vermutlich stammen die Fresken an den Wänden der Bergkirche zum Teil aus dieser Zeit. Denn diese Malereien waren nicht nur Heilmittel für die Kranken, die Malerei half auch den Mönchen bei der Bewältigung ihrer schweren Aufgabe. Der Hinweis auf die „erwachsene ledige Jugend Anno 1718“ unter dem Bild des jüngsten Gerichts, könnten auch daher stammen, dass diese Personen 1718 eine Renovierung vorgenommen hatten.
Nachdem die Mönche das Kloster vor dem Beginn der Reformation (wohl zwischen 1549 und 1556) verlassen hatten wurde die Kirche im Jahr 1556 vom Amt Hachberg in ein Spital umgewandelt. Das Spital war ca.60 Jahre lang in Betrieb. Während des 30-jährigen Krieges (1618 – 1648) gelang es der kaiserlich katholischen Seite das Spital 1631 wieder zu übernehmen. Der Krieg brachte das Spital wohl zum erliegen. Als das Kloster 1648 wieder an Baden-Durlach kam wurde der Spitalbetrieb nicht wieder aufgenommen.
Der Dreißigjährige Krieg und die späteren Erbfolgekriege hatten der Kirche wohl schweren Schaden zugefügt. Insbesondere die Einfälle der Franzosen in den Jahren 1715 und 1742 richteten große Schäden an.
1750 wurde die Kirche dann groß umgebaut. So wurden das Gestühl zum Altar hin ausgerichtet und im Chor nördlich und südlich zwei Emporen errichtet, die viel Licht wegnahmen. Deshalb wurden auch ohne Rücksicht auf die Ausschmückungen weitere Fenster in die Wände gebrochen und die gotische Kirche wurde barockisiert. Im Zuge dieser Renovierung wurden wohl auch die Fresken an den Wänden weiß übertüncht.
1954 wurde die Kirche erneut grundlegend renoviert. Dabei wurden die alten Fresken an den Wänden wieder entdeckt und freigelegt.
2002 wurde die Kirche dann wieder renoviert. Der Einbau einer neuen Heizung veränderte das Bild in der Kirche abermals. Der damalige Pfarrer wollte im Zuge der Renovierung der lange Zeit schon herumspukenden Theorie nachgehen und untersuchen, ob eine Verbindung zu den Malern der Fresken vom Antoniterkloster Isenheim besteht. Dadurch wurden die Baumaßnahmen durch umfangreiche archäologische Untersuchungen begleitet. Eine derartige Verbindung nach Isenheim konnte aber nie gefunden werden. Es wäre auch etwas verwunderlich gewesen, denn mit dem Bau der Kirche wurde 1517 begonnen, der Schöpfer des Isenheimer Altars Mathis Nithart bzw. Grünewald war bereits 1528 in Halle an der Saale verstorben.
Im Rahmen dieser archäologischen Untersuchungen konnte aber belegt werden, dass erst 1517 mit der Bau der dritten Kirche – und damit die Ausrichtung in Nord-Süd-Richtung – angefangen wurde. Nachdem die Renovierung abgeschlossen war, wurde beim Verlegen des neuen Fußbodens die Lage der alten geosteten Kirche II durch eine Markierung im Bodenbelag hervorgehoben, so dass man die ursprüngliche Lage der alten Kirche heute noch erkennen kann. Der Verlauf der alten Kirchenmauer erklärt auch die Rißbildung an den Wänden der Kirche.